Mit dem Ausbau der Käserei zu einer «Käserei mit Schaucharakter» soll ein (über-) regionaler Nutzen für mehrere Wirtschaftsbereiche geschaffen werden: In der Landwirtschaft, dem Tourismus, der Gastronomie, der Bildung und dem öffentlichen Verkehr. Die Projektidee beinhaltet Bewusstseinsbildung bezüglich Konsumverhalten durch Sichtbarmachung der Produktion und Wertschöpfungskette in der regionalen Milchwirtschaft. Die traditionelle und naturnahe Botschaft, welche die «Käserei mit Schaucharakter» vermittelt, soll der gesamten Thurgauer Landwirtschaft grössere Aufmerksamkeit und Wertschätzung bringen.
Die Käserei von Schloss Herdern wird am gleichen Standort
erneuert und als Spezialitätenkäserei mit Schau-Charakter
eingerichtet. Die Produktion soll an Vielfalt und Flexibilität
gewinnen. Dafür wird die «weisse Linie» auf Kosten der herkömmlichen
Tilsiterproduktion ausgebaut. Und die Personenund
Warenflüsse werden neu organisiert und geklärt. Die
strengen Hygieneanforderungen an einen modernen Betrieb
können mit dem Umbau wieder erfüllt werden. Mit dem Umbau
zu einer CO2-neutralen Spezialitätenkäserei mit hoher lokaler
Wertschöpfung wird sie wieder trag- und zukunftsfähig.
Die Spezialitätenkäserei wird für die Verarbeitung von bis zu
600'000 Kilogramm Milch pro Jahr ausgelegt. Wobei rund
300'000 kg auf die «gelbe Linie» und 300'000 kg auf die
«weisse Linie» entfallen. Die «gelbe Linie» umfasst verschiedene
Weich- bis Hartkäsesorten sowie die daraus weiter verarbeiteten
Produkte, wie Fondue und Käsemischungen. Abgerundet
wird die «gelbe» Produktpalette mit verschiedenen
Gewürzkäsesorten. Pastmilch, Rahm, Butter, Joghurt und verschiedene
Frischkäsesorten sind hingegen Teil der erneuerten
und verstärkten «weissen Linie». Auch hier sind in Zukunft
Innovation und hohe Produktqualität massgebend. Die räumliche
und technische Infrastruktur soll hierfür möglichst effizient
und variabel sein, damit sie flexibel auf veränderte betriebliche
Bedürfnisse reagieren kann.
Der im Studienwettbewerb geforderte und vom Projekt mittels
grosser Innenfenster eingelöste Schau-Charakter hat
sich im Laufe der Projektentwicklung verändert. Er ist aber
nach wie vor gegeben und ein wesentlicher Bestandteil des
Umbauprojekts. Neu ist die Spezialitätenproduktion vom
Schlosshof her über eine grosse Verglasung einsehbar. Hier
blickt man vom Aussenraum durch die Spezialitätenproduktion
und die «Affinage» in die Landschaft. Das konzentrierte
Sichtfeld geht von Norden nach Süden, vom Hof in die Berge,
vom Schatten ins Licht. Das architektonische Versprechen,
das Produkt, die Produktion und die Kulturlandschaft gleichzeitig
zu erleben, ist weiterhin das wesentliche, tragende Element
des Entwurfes. Der über eine gedeckte Laube betretbare
Schlosshof wird, im Zusammenspiel mit dem öffentlichen,
hölzernen Degustationssaal im ostseitigen Baudenkmal, zentral
für das Erlebnis der Käserei. Zusätzlich ist auch der südseitige,
gut einsehbare Vorbau unter auskragendem Dach eine
wichtige Stelle bei Spaziergängen und Führungen durch den
ganzen Ort. Das vorliegende Projekt verwebt Erlebnisse im
Innen- und Aussenraum. Und macht damit deutlich, dass das
Käsereihandwerk Teil einer lokalen Wertschöpfungskette ist,
welche auf menschlicher, achtsamer Tätigkeit innerhalb einer
Kulturlandschaft beruht.
Aus heutiger Perspektive kann eine Bau- und Betriebsbewilligung
realistischerweise bis Ende Februar 2025 sowie eine
Baufertigstellung bis März 2026 angenommen werden. Der
Käsereibetrieb muss während der Bauzeit vollständig eingestellt
werden: bei verzögerungsfreien Bewilligungs- und Submissionsphasen
voraussichtlich ab Mai 2025. Die Spezialitätenkäserei
kann frühestens nach einer zehnmonatigen
Umbau- und Inbetriebsetzungsphase im Verlaufe des Frühjahres
2026 in Produktion gehen. Wobei selbstverständlich
sowohl die Kostenschätzung als auch das provisorische Terminprogramm
der Vorprojektphase entsprechende Unschärfen
aufweisen.